Niemand braucht sich seiner Herkunft wegen zu schämen

Mit 13 Jahren kam ich im Familiennachzug mit meinen Geschwistern in die Schweiz. Mein Vater lebte schon sieben Jahre hier, deshalb kannte ich ihn kaum. Unsere Mutter, entfremdet von ihrem Ehemann, blieb in der Türkei zurück. Diese Trennungen, zuerst vom Vater, dann von meiner Mutter, waren für mich sehr hart und prägend.

Mit 13 Jahren kam ich im Familiennachzug mit meinen Geschwistern in die Schweiz. Mein Vater lebte schon sieben Jahre hier, deshalb kannte ich ihn kaum. Unsere Mutter, entfremdet von ihrem Ehemann, blieb in der Türkei zurück. Diese Trennungen, zuerst vom Vater, dann von meiner Mutter, waren für mich sehr hart und prägend.
Nach meiner Ankunft in der Schweiz war ich mit vier Fremdsprachen konfrontiert: Schweizerdeutsch im Alltag, Deutsch, Französisch und Englisch in der Schule. Meine Schul- und Ausbildungszeit war eine grosse Herausforderung und ein Leidensweg. Es gab einige Lehrpersonen, welche aufgrund meines kulturellen und sprachlichen Hintergrundes nicht an mich glaubten. Jahrelang hatte ich das Gefühl, dass ich nicht gut genug bin.

Vielleicht auch deshalb, weil ich mich unbewusst immer an den besseren Schüler/-innen orientierte. Ich versuchte lange, mich bestmöglich anzupassen und meine kulturelle Herkunft zu verbergen bzw. zu verdrängen. Heute weiss ich, dass dieses Verhalten eine Überlebensstrategie für mich darstellte, um voll und ganz auch als Teil dieser Gesellschaft anerkannt zu werden und meinem Bedürfnis – dazugehören – nachzukommen.

Ich fühlte mich auf meinem schulischen Weg sehr einsam und wollte besonders Kinder mit Migrationshintergrund unterstützen und ihnen den Weg erleichtern. Ich wurde Primarlehrerin und absolvierte einen Master in Fremdsprachendidaktik – also in dem Bereich, der früher mein grösstes Defizit war. Heute weiss ich, dass ich Vorbild für viele Kinder bin und ich kann sie zum Lernen motivieren. Meinen türkischen Hintergrund nehme ich mittlerweile als sehr vorteilhaft und als Bereicherung wahr.

Ich engagierte mich aktiv als Kompost- und Abfalltrainerin für Migrantinnen und Migranten, im «Café Secondas» und in einem Theaterprojekt gegen Fremdenfeindlichkeit. Ausserdem arbeite ich selbständig als Familienaufstellerin nach dem Prinzip «Ohne Wurzeln keine Flügel». Die Aufarbeitung der soziokulturellen Wurzeln ist wichtig, damit man sich gut integrieren kann.

An Basel liebe ich den Rhein und Fähre, die Altstadt, die Pärke, die schönen Brunnen mit bester Wasserqualität, die Sicherheit, die Ruhe und die vielfältig geprägten Quartiere. Die Gesellschaft hat durch die Migration einen grossen wirtschaftlichen und kulturellen Gewinn.