
Reden
Dr. Géza Teleki, Präsident der Kommission
Wir feiern heute aber auch die Menschen und Körperschaften hinter diesem Erfolg, die mit ihrem ehrenamtlichen oder bezahlten Einsatz, mit ihren Spenden und ihrer mannigfaltigen Unterstützung unsere Ausländerberatung gegründet und gefördert haben. Ihnen allen gehört unsere Dankbarkeit.
Die Gründung der GGG Ausländerberatung, 1962, geht auf eine Anfrage an die GGG durch den Vorsteher des Kantonalen Arbeitsamtes (heute Amt für Wirtschaft und Arbeit AWA), Dr. Stricker, zurück. Die darauf von der GGG mit der Christoph Merian Stiftung und dem Basler Volkswirtschaftsbund aufgenommenen Gespräche führten zur Gründung einer „Kommission zur Betreuung ausländischer Arbeitskräfte“. Die zentrale Frage war damals schon – was niemand überraschen dürfte – die Finanzierung der zu gründenden Beratungsstelle.
Der Nährboden unserer Arbeit ist die Migration. Wanderbewegungen von Menschen sind eine universelle Konstante. Was variiert sind die Gründe der Migration und die Regelung der Bedingungen der Zuwanderung und der Integration. In diesem Tätigkeitsfeld wird uns die Arbeit nicht so schnell ausgehen. Das Statistische Amt prognostiziert für Basel eine Zunahme der ausländischen Bevölkerung von 1000 bis 1500 Personen pro Jahr, dies bis 2035! Es erwarten also unsere Beratungsstelle, unsere Infostelle Integration und unseren Uebersetzungsdienst noch viele Herausforderungen.
Möge die GGG Ausländerberatung auch in Zukunft im Geiste von Isaak Iselin zum Ruf von Basel als einer offenen und gastlichen Stadt mit Auszeichnung beitragen.
Robert Weller, Geschäftsleiter
Nein, ich will Sie jetzt nicht eine halbe Stunde mit einem historischen Rückblick langweilen. Wer sich für die Geschichte der GGG Ausländerberatung interessiert, dem empfehle ich die Chronik im letzten Jahresbericht.
Ich möchte einfach nur danken. Mein Dank geht an Sie alle für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und die wohlwollende Unterstützung unserer Arbeit, in welcher Form auch immer. Besonders danken möchte ich den Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern und Ehrenamtlichen der GGG, die mit Mut, Idealismus und Innovationskraft unsere Stelle aufbauten und heute noch stetig weiter entwickeln. Danke auch allen, die zum Gelingen dieses Abends beitragen.
Bevor wir mit Herrn Tilgner einen Blick in die Gegenwart werfen, doch noch ein Blick zurück – nur drei Minuten.
Als die „Beratungsstelle für ausländische Arbeitskräfte“ im August 1962 ihre Arbeit aufnahm, wollte man vor allem eines: Not lindern und helfen. Ausserdem wollte man bei den Einheimischen Good-will für die Neuzugezogenen schaffen.
Vermittelt wurde dann aber oft das Bild, dass (Zitat) „Ausländer zu Ruhe und Anpassung erzogen werden können, falls höflich aufgeklärt.“ – Ruhe und Anpassung, das bedeutete grösstmögliche Assimilation. Auch bei der Ausländerberatung blieb der Kunde – dem Zeitgeist entsprechend – vor erzieherischen Massnahmen nicht verschont. Eine Beraterin kommentierte das Beispiel eines Studenten im Jahresbericht 1963 so: „Ich empfehle dem Jüngling, sein Glück in einem anderen Kanton zu versuchen. Er solle sich schämen, so zu jammern, er sei ja jung und gesund. …. Es breche ihm sicher kein Zacken aus der Krone, wenn er […] auch Arbeiten verrichte, die ‚unter seiner Würde’ seien. … Oder soll denn sein Chef den Boden wischen?“
Man wollte also einerseits helfen, las dann aber gehörig die Leviten, wenn sich jemand nicht an die Regeln hielt. Diese Ambivalenz zwischen Helfen und Belehren besteht auch heute noch. In unseren Zeiten umschreibt man das nur etwas schöner mit den Stichworten „Fördern und Fordern“.
Ein glühender Verfechter der Assimilation war der Berner Fremdenpolizeichef Marc Virot. In seinem Leitfaden für Einbürgerungsbehörden schrieb er Mitte der 60er-Jahre: „Ein Ausländer darf trotz seines Fleisses keinen Rhythmus einschlagen, der allzu sehr ausserhalb der Norm liegt. … Der Wille, um jeden Preis reich zu werden, entspricht nicht unserer Art.“
Dank Herrn Virot habe ich inzwischen auch gelernt, warum es zwischen uns Deutschen und den Schweizern nicht immer so gut läuft. Er empfahl damals dem Ausländer, „mit den Wölfen zu heulen, um nicht aufzufallen“ – „Da wir (die Schweizer) rechthaberisch sind, darf er uns nicht widersprechen, wenn wir einmal unser Urteil abgegeben haben. Sie sollen uns ja nicht belehren wollen.“
Auch vor Liebesdingen schreckte Herr Virot nicht zurück. Zitat: „Der Ausländer soll den Frauen gegenüber nicht draufgängerischer sein als der vielleicht etwas biedere und leidenschaftslosere Schweizer.“
Die junge Ausländerberatung schlug glücklicherweise schnell einen anderen Weg ein. Bereits im Jahresbericht 1967 war zu lesen: «Bei den Massnahmen zur Integrierung der ausländischen Arbeitnehmer […] steht mit an vorderster Stelle die Überwindung der Sprachbarriere.»
Man sprach also bei der GGG bereits vor 45 Jahren nicht mehr von Assimilation sondern von Integration. Damit komme ich zur Schlussfrage: „Wer hat’s erfunden?“

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Bericht im GGG Einblick
